Aus 22 CDU-Stadtverordneten wurden am 17. Dezember 19 CDU-Stadtverordnete, aus der GroKo eine Minderheitsregierung zweier ehemaliger Volksparteien. Anders als man auf den ersten Blick vermuten mag, hat der Austritt von drei CDU-Stadtverordneten nichts mit der Wahl von Friedrich Merz zum Vorsitzenden zu tun, die Gründe finden sich lokal.
Eine interne Mail des Fraktionsgeschäftsführers Henner Klaas an die eigene Partei lässt tief blicken: „Das ist nicht bitter…das ist der Anfang unserer Transformation! Alles richtig gemacht. Alle drei haben uns nur geschadet in der CDU und keinen einzigen Schritt nach vorne gebracht.“ (Siegener Zeitung, 18.12.2021)
Fraktionsvorsitzender Frank Weber wird im selben Artikel ebenfalls mit deutlichen Worten zitiert: „Reisende soll man nicht aufhalten. Ich möchte mich mit Politik vor Ort beschäftigen und nicht mit persönlichen Befindlichkeiten.“ (Siegener Zeitung, 18.12.2021)
Der Eindruck entsteht, dass hier drei Störenfriede eine Fraktion verlassen haben und die CDU nun endlich ungestört gute Politik für die Stadt Siegen machen kann. Pustekuchen! Die drei „Abtrünnigen“ sind im Rat und in den Ausschüssen vor allem durch ihren sachlichen Stil und mit großer Fachkompetenz aufgefallen. Auch innerhalb der CDU schien man noch vor nicht allzulanger Zeit von der Qualität der Angesprochen überzeugt gewesen zu sein:
Silvia Keßler ist seit 2014 direkt gewählte Ratsfrau für Geisweid, Vorsitzende des CDU Ortsverbands Hüttental, Vorsitzende des Bezirksauschusses I – Geisweid und Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss und im Bauausschuss, bis Freitag war sie Beisitzerin im Fraktionsvorstand der CDU Siegen.
Eva-Marie Bialowons-Sting, seit 2009 stets direkt gewählte Ratsfrau aus Geisweid, war 2014 bis 2020 Vorsitzende des Ausschusses für Schule und Bildung, in der laufenden Wahlperiode leitet sie den Kulturausschuss und fungiert als stellvertretende Vorsitzende des Schulausschusses.
Und nicht zuletzt Rüdiger Heupel, seit 1999 im Stadtrat: er ist seit 2012 Vorsitzender des Bauausschusses, Mitglied des Rechnungsprüfungsausschusses und war von 2014 bis 2020 Fraktionsvorsitzender der CDU im Siegener Rat.
Was musste also passieren, dass drei über die Fraktionen hinweg geschätzte Kolleg/-innen die eigene Fraktion verlassen? Man kann nur mutmaßen, die Äußerungen von Weber und Klaas bieten aber zumindest jede Menge Stoff für Spekulationen. Wie man es dreht und wendet, es bleiben zwei Verlierer: Die CDU und die Kommunalpolitik. Um diese CDU ist es nicht schade, der Schaden für die Kommunalpolitik aber bleibt.
Wir brauchen eine neue Politik!
Wir sind angetreten, um die Zukunft Siegens mitzugestalten: Wir wollen eine echte Smart City, wir wollen „Fahrradfahren, wie in Kopenhagen“, wir wollen „sozialen Wohnungsbau, wie in Wien“ – so gut, so austauschbar. Doch was ist unser Alleinstellungsmerkmal? Was zeichnet unsere Politik aus? Warum wurde uns das Vertrauen geschenkt, Politik in Siegen zu gestalten?
Wir leben neue Politik. Wir machen Politik auf Augenhöhe – nach innen und nach außen. Bei uns ist der Fraktionsvorsitz kein Geschenk, man darf der Fraktionsgeschäftsführung auch widersprechen. Wir gestalten Politik miteinander und füreinander. Jede Perspektive ist wertvoll und wird gehört. Wir stehen für Transparenz und Bürgerbeteiligung.
Wenn Fraktionsgeschäftsführer Henner Klaas (CDU) über „Transformation“ spricht, geht es um die Trennung von vermeintlichen Störenfrieden. Wenn wir über „Transformation“ sprechen, meinen wir eine neue Politik. Es ist an der Zeit!
